Rethink Performance Management mit Blick auf Digitalisierung

Mein heutiger Blogpost geht mal aus dem Recruiting heraus ins Performance Management. Dort bin ich nicht zu Hause, mache mir aber natürlich dennoch meine Gedanken. Falls es für meine Fragen und Anmerkungen bereits Konzepte geben sollte, freue ich mich über entsprechende Kommentare mit Hinweisen.

Rennen uns die Roboter davon? Eine einfache Frage, die derzeit viele Menschen bewegt. Gerade die Veröffentlichung des Papers von Carl Frey und Michael Osborne 2013 brachte diesen Fragen- Stein ins Rollen, als sie mit der Veröffentlichung die Grundlage für die Berechnung lieferten, wie wahrscheinlich es ist, dass der eigene Job wegdigitalsiert wird.
Einen kurzen Selbsttest können Sie unter folgendem Link durchführen, wenn Sie wissen wollen, wie es um Ihre Profession bestellt ist: bbc will a robot take your job?
An diese Angst geknüpft ist die Frage der Performance. Schließlich haben Menschen Angst ihren Job an die Digitalsierung zu verlieren, da sie nicht so wie Roboter performen können. Wer kann schon mit jemandem Mithalten, der nicht schlafen muss, keine Pausen braucht, keinen Betriebsrat hat und „keinen“ Fehler zweimal macht. Wie viel ist dann menschliche Performance noch wert?
Wie sich also zukünftig Performance darstellt, wandelt sich in meinen Augen aktuell gravierend. Nachfolgenden möchte ich hierzu meine Gedanken einmal zur Diskussion stellen, wohlwissend, dass ich kein Performance Management Experte bin.

Was ist Performance Management?

Darüber haben sich bereits viele schlaue Köpfe Gedanken zu gemacht, so dass ich mich hier einfach mal der Definition von Wikipedia bediene und Performance Management im Wesentlichen mit der Steuerung, Messung und Steigerung von Leistung, die im Sinne der Unternehmensziele erbracht wird, übersetze.
In einer leistungsorientierten Organisation ist hieran die Auszahlung von Boni geknüpft, die sich im Sinne der Performance und der erreichten Ziele gestaltet. Im Rahmen von New Work und veränderten Anforderungen von Seiten der Mitarbeiter usw. wird aktuell viel über die Form des Bonus diskutiert. Sind monetäre Anreize in der heutigen Zeit noch angemessen bzw. überhaupt wirkungsvoll? In diese Wunde möchte ich meinen Finger mit meinen Gedanken nicht legen. Vielmehr geht es mir um die Steuerung eines Unternehmens und dem was dann letztendlich ausschlaggebend für den Bonus ist: die Leistung.
Mit dieser sehr allgemeinen Definition haben wir, denke ich, eine gemeinsame Ausgangsbasis.

Worauf sollten wir hinarbeiten - Vollautomatisierung oder Hybrid-Lösungen?

Der Gedanke daran, nicht mehr Arbeiten zu müssen, scheint doch verlockend zu sein. Dieser steht dem Jobverlust durch Digitalisierung schließlich gegenüber. Würden all unsere Jobs wegdigitalisiert werden, müsste ja keiner mehr arbeiten. Verlockend aber auch nur, wenn man das notwendige Kleingeld zum Leben irgendwie anders bekommt als durch Arbeit. Das Buch „The second machine age“ von Andrew McAfee and Erik Brynjolfsson führt diese Thematik etwas weiter aus und erläutert die möglichen Nachteile eines bedingungslosen Grundeinkommens bei Vollautomatisierung. Neben diesen Argumenten in dem Buch, die einem schwer zu Denken geben, war aber ein für mich viel entscheidenderer Punkt versteckt. Die Autoren führen in Kapitel 12 die Gedanken von Kasparov aus, der ein sogenanntes Freestyle Schachtournir von 2005 beschreibt. Bei diesem Tournir war bzw. ist nicht nur die Teilnahme von natürlichen Personen also Menschen gestattet, sondern auch Maschinen können teilnehmen sowie eine Kombination aus Mensch und Maschine. Für Kasparov stellte sich bei diesem Tournir heraus, dass der beste Super Computer stets einem Schach-Profi in Kombination mit einem regulären Rechner unterlegen sein wird. Darüber hinaus entpuppte sich aber eine weitere Erkenntniss auf diesem Tournir, welches von zwei Amateur Schachspielern gewonnen worden war, die drei Rechner in Kombination nutzten.
Neben Mensch und Maschine ist zudem der Prozess entscheidend, der genutzt wird. Also erst die richtige Kombination aus Mensch, Maschine und Prozess erbringt Erfolge jenseits dessen, was wir uns heute vorstellen können.
Mit diesem Wissen im Hinterkopf stellte sich mir die Frage nach Hybrid oder Vollautomatisierung nicht mehr.

Einschub - trotzdem werden Jobs automatisiert werden

Natürlich werden dennoch einige Jobs automatisiert werden (einige ist in diesem Zusammenhang evtl. als untertrieben anzusehen). Andere werden wiederum geschaffen usw. Jobs kommen und gehen seit langer Zeit. Dies wird nach wie vor so bleiben. Trotzdem sollten wir uns vor Augen halten, in welche Richtung gedacht werden muss. Es wird sehr sehr viele neue Jobs geben, auf die die bestehenden Mitarbeiter vorbereitet werden müssen.

Definiere Leistung

Wenn wir den Profi Sport betrachten, so sollte Leistung stets vom Menschen erbracht oder gesteuert werden. Wir setzen die Rahmenbedingungen derart, dass die menschliche Leistung vergleichbar bleibt und man diese wertschätzen kann. In der Geschäftswelt verhält es sich ähnlich. Performance Management, so wie ich es kenne, versucht natürlich Standards zu definieren und Vergleichbarkeit zu schaffen.
Wenn wir dem eben gelesenen folgen, so könnte es sich bald so verhalten, dass man im Business Dinge insentivieren muss, die im Sport unter Betrug gefallen wären. Das ist eine leicht überspitzte Formulieren dessen, worauf ich hinaus will.
Zukünftig müsste man den Manager am stärksten incentivieren, der die besten Bot Cheats für seine Arbeit entdeckt/ entwickelt hat.
Wir sollten langsam davon abrücken, Einzelleistungen zu messen und zu incentivieren. Die bereits angedachten und in Unternehmen auch schon umgesetzten Team Bewertungen, sind sicher ein positiver Schritt, bringen allerdings noch nicht das, was ich mir persönlich vorstelle (was zugegebener Weise nicht von Interesse sein muss). Der Weg hin zur Bewertung von Hybridleistung (Algorithmus/ Roboter + Mensch) sollte geebnet werden. Erst wenn ich Leistung in hybrider Form ebenfalls incentiviere - evtl. sogar bevorzugt behandle, geraten wir auch im Performance Management in eine Digitalisierungsschleife. Unter Hybrid-Leistung verstehe ich den Einsatz von Algorithmen, Bots etc. für die eigene Arbeit.

You will be paid in the future based on how well you work with robots. - Kevin Kelly (Better than human - why Robots will and must take our jobs; Wired, Dez 24th, 2012)

Meiner Meinung nach hat Kevin Kelly recht. Wir sprechen viel über Arbeiten 4.0 und das neue Performance Management, veränderte Personalentwicklung usw. aber haben wir unsere DNA schon angepasst? Oder schreiben wir überall nur Digitalisierung drauf, ohne sie hineinzustecken. In Zukunft wird unsere Perfromance davon abhängen, wie gut wir mit Robots, Bots und/ oder Algorithmen zusammenarbeiten werden. Wir werden die „Augmented Workforce“ haben. Auch hierzu können Sie viele Anregungen dem Buch „The second machine age“ entnehmen. Der erweiterte Mitarbeiter - die Nerds unter uns denken ggf. direkt an die Borg - ist etwas auf das wir hinarbeiten sollten, ohne uns von Horrorvisionen ablenken zu lassen.

Der moderne Recruiter von heute hat bereits ca. 10 - 15 Bots/ Algorithmen im täglichen Einsatz. Seine Leistung steigert sich dadurch meines Erachtens nach enorm. Dies wird aber weder gemessen noch incentiviert. Betrachte ich andere Berufsbilder so sehe ich ein noch viel höheres Potential für Augmented Ansätze, wobei beim Recruiter hier sicherlich noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht ist.

Wenn Sie mich fragen, ist eine der entscheidenden Aufgaben des Performance Managements genau in diese Richtung zu denken. Das wird vielen Partnern, Top Führungskräften usw. sicherlich nicht schmecken - da finden wir vermutlich noch etliche, die Slides ausdrucken, korrigieren, einscannen und wieder an Mitarbeiter versenden. Aber der Hebel, den das Performance Management bietet, um Digitalisierung auch im Unternehmen zu honorieren, sollte m.E. genutzt werden.